Podcast

Erklär mir Pop

Ob Beatles, Fugees oder Rolling Stones, ob Tina Turner, Cindy Lauper oder Rio Reiser – Udo Dahmen kennt sie alle. Der künstlerische Direktor der Popakademie Mannheim erzählt die Stories hinter den großen Songs der Popgeschichte.

"If Paradise Is Half As Nice" von der Band Amen Corner

1966 in Cardiff gegründet, löste sich die britische Band Amen Corner bereits 1969 wieder auf. In der kurzen Zeit ihres Bestehens landeten die Musiker nur wenige große Hits, darunter "If Paradise Is Half As Nice" - ursprünglich komponiert von dem italienischen Musiker Lucio Battisti, aber erfolgreich gecovert von Amen Corner. Nach dem Ende der Band startete der Sänger und Gitarrist Andy Fairweather-Low, der mit seiner hellen Stimme den charakteristischen Sound von Amen Corner geprägt hatte, eine beachtliche Solo-Karriere. Heute ist er unter anderem regelmäßiges Mitglied der Live-Band von Eric Clapton.

"White Punks on Dope", The Tubes

The Tubes stammen aus San Francisco und verstanden sich mit ihrer Mischung aus Rockband, Tanztheater und Comedyshow als Parodie auf den Glamrock-Hype der 70er Jahre. So schlüpfte der Sänger Fee Waybill bei seinen Bühnenshows immer wieder in extravagante Kostüme und Rollen. Er spielte beispielweise einen drogensüchtigen Rockstar, der mit wilder Mähne, Glitzeranzug und einem halben Meter hohen Plateauschuhen auf die Bühne kam. Der Titel "White Punks on Dope" wurde von zahlreichen Bands aufgegriffen. In Deutschland war es Nina Hagen, die den Song "White Punks on Dope" in ihrem TV-Glotzer coverte.

"Move over" – Janis Joplin

Janis Joplin gehört neben Jim Morrison, Jimi Hendrix oder Amy Winehouse zum sogenannten Club 27 - jenen Musikerinnen und Musikern, die tragischerweise im Alter von 27 Jahren gestorben sind. Joplins Musik hingegen ist unsterblich. Dazu gehört auch der Titel "Move over", der 1971 auf dem Soloalbum "Pearls" erschien, das drei Monate nach ihrem Tod veröffentlicht wurde. In diesem Jahr wäre Janis Joplin, die wegen ihrer markanten, rauchigen und krächzenden Stimme vielen auch heute noch im Ohr ist, 80 Jahre alt geworden.

Discosound mit Harfenintro: "Boogie Nights" von der Band Heatwave

"Boogie Nights" war einer der großen Erfolgshit der Band Heatwave - erschienen 1976 auf ihrem Debutalbum "Too Hot To Handle", 1977 als Single. Ganz untypisch für Funk- und Soulproduktionen dieser Zeit ist das vom britischen Keyboarder Rod Temperton geschriebene jazzige Harfenintro, gespielt von der Harfenistin Sheila Bromberg unter dem Pseudonym Carla Skanger. Außergewöhnlich auch die Internationalität der Band, die verschiedene Umbesetzungen erlebte und bis 1997 erfolgreich war.

Keep On Movin' von Soul II Soul

Der Song aus dem Jahr 1989 gilt als Zeichen für die Etablierung der karibischen Szene in der Diaspora, mit Schwerpunkt London. Das Kollektiv Soul II Soul gründete sich als sogenanntes Sound System, d.h. als Gruppe von DJs , Sängerinnen und Instrumentalistinnen um den Gründer Jazzie B. Mit Keep on Movin gelang der Formation der internationale Durchbruch.

"Cause we've ended as Lovers" von Jeff Beck

In der Musikwelt war die Trauer groß, als bekannt wurde, dass im Januar Jeff Beck überraschend im Alter von 78 Jahren an einer Hirnhautentzündung gestorben ist. Der britische Musiker und mehrfache Grammy-Preisträger spielte die Gitarre wir kaum jemand anders: Er brachte sie zum Singen, Jaulen, zupfte und streichelte die Saiten. Auf seiner Homepage schrieb er: "Ich liebe es, wenn jemand meine Musik hört, aber keine Ahnung hat, was ich für ein Instrument spiele. Das ist für mich das größte Kompliment". Ein Beispiel für seinen einzigartigen Sound ist die Ballade "Cause we've ended as Lovers", die Stevie Wonder in den 1970ern für den großen Instrumentalisten Jeff Beck geschrieben hat.

King of HipHop: "If I Ruled the World" von Nas

Ein Song der Kultstatus hat, steht er doch für den Beginn einer neuen Ära: ein cooler Rap, gepaart mit einer einprägsamen, weiblichen Gesangsstimme. In diesem Fall ist es die Stimme eines Superstars: Lauryn Hill, die Sängerin der Fugees. Veröffentlicht im Juni 1996, auf dem Album "It was written", gelang es Nas mit "If I Ruled the World" die Mischung von Rap und Pop zu manifestieren.

Welthit des King of Pop: "Billie Jean" von Michael Jackson

Der Song wurde am 30. November 1982 auf Michael Jacksons sechstem Studioalbum "Thriller” veröffentlicht, hat also Ende 2022 40-jähriges Jubiläum gefeiert - und verkaufte mehr als 14 Millionen Kopien weltweit. Angeblich hat Jackson seinen Gesangspart in einem Take aufgenommen. Bemerkenswert auch das inszenierte Video, in dem er seine große Tanzkunst unter Beweis stellt. Mit dem Album "Thriller” gelang es dem King of Pop seine Position in den USA als schwarzer Sänger zu stärken, da er zunehmend auch weiße Hörerschichten erreichte.

"Holocene" von Bon Iver

Justin Vernon – der sich, wenn er Musik macht, Bon Iver nennt – zog sich in eine Jagdhütte zurück und meldete 2011 sich mit seinem höchst erfolgreichen Album "Bon Iver" wieder zurück. Der Titel "Holocene" wurde besonders hoch gelobt: "Die steigenden und fallenden Akkordwechsel erzeugen ein Gefühl von Bewegung, das sich während des gesamten Songs entwickelt, ein gezeitenartiges Auf und Ab, das mit einer abrupten Auflösung endet".

"Im Schneckenhaus" von Joris

Angst vor Kitsch hat er nicht und er umschifft ihn gekonnt: Joris' Debüt fügt sich Ende 2014 in die grüblerischen Reihen des Deutschpop ein und ist doch einzigartig. Über mehr als ein Jahr hinweg entsteht das weitgehend analog eingespielte erste Album des Musikers HOFFNUNGSLOS HOFFNUNGSVOLL, das Joris' Stimme jederzeit in den Vordergrund rückt. So auch beim Titel "Im Schneckenhaus", der einen Verlust nahestehender Menschen thematisiert, aber eine positive Grundstimmung vermittelt.

"Takin' It To The Streets" von den Doobie Brothers

Der Song der Doobie Brothers erschien 1976 auf ihrem gleichnamigen Album und wurde vom Keyboarder Michael McDonald geschrieben, der erst kurz zuvor zur Band gestoßen war. In "Takin' It To The Streets" trat er zum ersten Mal auch als Sänger der Doobie Brothers in Erscheinung. Folk, Country, R&B, Rock, Soul und Jazz - die in den USA sehr erfolgreiche, nach einem Zwei-Blatt-Joint benannte Band war stilistisch vielfältig aufgestellt und bekannt für ihren optimistischen Rhythmus, den sogenannten "Doobie Bounce".

"Ladytron", Roxy Music

Allein das sphärische Intro mit seinem leisen Oboen- und elektronischen Violinen-Sound lässt immer noch aufhorchen - auch 50 Jahre nach der Veröffentlichung des Titels Ladytron. Der Song, geschrieben von Bryan Ferry und das Intro, komponiert vom Synthesizer-Spezialisten Brian Eno, zeigt, wohin die musikalische Reise gehen sollte: Rock- und Popmusik als Kunstmusik, die sich dem Genre "Artrock" verschrieben hat. Die Band Roxy Music ist damit in einem Atemzug zu nennen mit Bands wie King Crimson, YES und Genesis.

"Gangsta's Paradise" von Coolio

Völlig überraschend ist der US-amerikanische Rapper Coolio Ende September tot aufgefunden worden. Mit nur 59 Jahren ist er nach Angaben der Ärzt:innen an einem Herzversagen gestorben. 1995 landete der Sänger mit "Gangsta's Paradise" einen Mega-Hit, der als Filmmusik zu "Dangerous Minds - Wilde Gedanken" mit Michelle Pfeiffer weltberühmt wurde. Für den Song, der auf Stevie Wonders "Pasttime Paradise" beruht, erhielt er 1996 einen Grammy. Eine Hymne für die gesamte Rapszene, so Udo Dahmen von der Mannheimer Popakademie, "genial" auch die Raps und der Text.

"If I Were A Boy" von Beyoncé

Der Song unterscheidet sich auffällig von den sonst typischen R&B-Titeln von Beyoncé. Im Vordergrund steht die Qualität ihrer Stimme. Als deutliches Signal für Female Empowerment wählte Beyoncé den Song 2008 als Opener für ihr drittes Soloalbum "I am... Sasha Fierce". Beyoncé ist die erfolgreichste Künstlerin der letzten 15 Jahre. Insgesamt 28 Grammy Awards und 26 MTV Video Music Awards sowie zahlreiche weitere Auszeichnungen begleiten ihren Weg. Warum das so ist, erklärt Udo Dahmen, künstlerischer Leiter der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim, am Beispiel von "If I Were A Boy".

"Amboss" und "E2-E4" von Ash Ra Tempel und Manuel Göttsching

Sphärische Klänge und Musiktitel, die gerade mal auf eine Langspielplatte passen. Das kennzeichnet den Song "Amboss" der Berliner Krautrockband Ash Ra Tempel. Ihr Gitarrist Manuel Göttsching machte sich auch als Solokünstler einen Namen und gilt als Vorreiter der elektronischen Musik. Sein Titel "E2-E4" aus den 80er Jahren wird bis heute in den entsprechenden Clubs aufgelegt. Erst kürzlich wurde der Meister der tranceartigen Improvisation 70 Jahre alt. Anlass für Udo Dahmen, künstlerischer Leiter der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim, das Werk von Manuel Göttsching zu würdigen.

"Duality" von der Band Slipknot

Im Song "Duality" lassen die Musiker von Slipknot verschiedene Stile aufeinander treffen - die Band verbindet hier typische Elemente der Nu Metal Generation (Shred-Guitars, Riffs, verzerrter Gesang) mit Melodien, die in einem traditionellen, melodischen Metal-Zusammenhang stehen. Neun maskierte Musiker, die wie Freaks auf der Bühne agieren, bilden die typische Besetzung einer Crossover Hard Core Band mit Gitarren, einem DJ, Keyboards und Percussion. Duality wurde im Mai 2004 auf dem dritten Studioalbum der Band veröffentlicht - aktuell haben Slipknot am 30. September 2022 nun ihr siebtes Studioalbum "The End, So Far" veröffentlicht.

"Do I wanna know" von den Arctic Monkeys

Die Arctic Monkeys haben ihr siebtes Studioalbum angekündigt: "The Car" erscheint am 21. Oktober 2022 und enthält zehn neue, von Frontmann Alex Turner komponierte Songs. Der Pressetext zu "The Car" verspricht "einige der besten und beeindruckendsten Gesangsdarbietungen" in Alex Turners Karriere. Udo Dahmen blickt zurück auf die Anfänge der Band, die 2013 mit "Do I wanna know" den Brit Pop neu erfunden haben.

"Golden Days" von Tokunbo

Tokunbo Akinro, Tochter eines Nigerianers und einer Deutschen, lebt seit ihrem zehnten Lebensjahr in Deutschland. Bevor sie im Jahr 2013 ihre Solokarriere startete, war sie die Sängerin im Jazz-Soul-Duo Tok Tok Tok, mit dem sie 15 Alben veröffentlichte und fünf German Jazz-Awards einheimste. In ihrer kompositorischen Arbeit als Solistin plus Band bevorzugt sie akustische Instrumente und bezieht sich auf Quellen aus Soul, Folk und Jazz. Tokunbos aktuelles, drittes Soloalbum "Golden Days" ist während der Pandemiezeit entstanden. Es zeigt - besonders im harmonisch raffinierten Titelsong - mit seinen Country-Anklängen stilistisch eine neue Facette der Sängerin und Komponistin und beweist erneut ihren Anspruch, künstlerisch autonom zu bleiben.

"Ausgang" von Alex Mayr

Alex Mayr ist nach ihrem Studium an der Mannheimer Popakademie deutschlandweit bekannt geworden. Ihr Debütalbum "Wann fangen wir an?" produzierte sie mit Konstantin Gropper von Get Well Soon. Im Juli 2021 erschien ihr zweites Album "Park". Für ihre Musik hat Alex Mayr einen neuen Genre-Begriff eingeführt, der diese nach ihrer Ansicht perfekt charakterisiert: Soundtrack-Pop. Udo Dahmen stellt die vielfältige Künstlerin und ihren Titel "Ausgang" vor.

"God only knows" von den Beach Boys

Veröffentlicht wurde der Song am 16. Mai 1966 auf dem 11. Studioalbum "Pet Sounds" der Beach Boys - viele, so auch Paul McCartney, betrachten den Titel als besten Popsong überhaupt. Ausschlaggebend für dessen Erfolg ist sicherlich das große Können des Komponisten und Produzenten Brian Wilson. Er schrieb den Song zusammen mit Tony Asher, der für den Text verantwortlich zeichnet. Bestechend sind Wilsons komplexe Arrangements, eine reiche Instrumentierung und die ausgedehnte Nutzung aller damals im Studio zur Verfügung stehenden Mittel im doppelten Vierspurverfahren. Inspiriert haben Brian Wilson neben dem Klangvolumen von Phil Spectors Songs auch die Beatles mit ihrem Album "Rubber Soul".

"Easy Livin" von Uriah Heep

Es ist ein echter Hardrock-Klassiker: "Easy Livin" , im Mai 1972 veröffentlicht, sicherte sich der Titel gleich ganz vorn in den internationalen Charts. Ein Song, der nichts mit dem Klischee vom leichten Leben, von Rock n`Roll, Drugs and Sex, zu tun hat. Der Text geht tiefer, feiert ein sinnstiftendes und darum leichtes Leben.

"19th Nervous Break Down", The Rolling Stones

Der Song wurde geschrieben von Mick Jagger und Keith Richards, erschien als Single im Jahr 1966 und gehört mit den Titeln "(I Can't Get No) Satisfaction" und "Get off my Cloud" zu einer Song-Trilogie. Er zeichnet sich aus durch das Spiel des verstorbenen Drummers Charlie Watts, dem auch die derzeitige Tour der dienstältesten Rockgruppe der Welt gewidmet ist. Udo Dahmen von der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim erklärt, was die drei Songs verbindet und warum die Rolling Stones auch ohne Watts längst noch nicht reif für den Ruhestand sind.

"The Passenger" von Iggy Pop

Es ist der bekannteste Song des US-amerikanischen Rockmusikers Iggy Pop, 1977 in Berlin aufgenommen und im gleichen Jahr auf seinem zweiten Soloalbum "Lust for live" veröffentlicht. Der auch als "Godfather of Punk" bezeichnete Sänger, Gitarrist und Komponist ist im April 2022 75 Jahre alt geworden - und nach wie vor aktiv. Wenn man sich das offizielle Video zum Song anschaut: Iggy Pop mit nacktem Oberkörper, dann passt das durchaus auch in die Gegenwart, denn bis heute bleibt er seinem Körperkult treu.

"This town ain’t big enough for Both of us" - die US-Band Sparks

Mit Pistolenschüssen und Western-Gehabe stürmt der Song "This town ain‘t big enough for Both of us" gleich nach seinem Erscheinen am 1. Mai 1974 die Charts. Die Band, bestehend aus den beiden Brüdern Ron und Russell Mael, experimentierte mit verschiedensten Keyboards, mit vollelektronischem Piano und Bandhallgerät. Aufwändige Arrangements, sehr originell - Sparks waren für spätere Musiker wie Red Hot Chili Peppers oder Depeche Mode stilbildend.

Schon jetzt zeitlos: "Halluzinationen" von Sophie Hunger

Die Schweizerin Sophie Hunger ist eine sehr vielfältige Musikerin, und obwohl sie sich immer wieder neu zu erfinden scheint, bleibt sie dennoch unverwechselbar. Ihr Album "Halluzinationen" hat sie mit ihrer Band in nur zwei Tagen in den berühmten Abbey Road Studios in London aufgenommen. Der Titelsong überzeugt Udo Dahmen, den Leiter der Mannheimer Popakademie, vor allem durch das zurückgenommene Schlagzeug und den rhythmisierten Gesang von Sophie Hunger.

Song der Friedensbewegung: "Imagine" von John Lennon

Der 1971 auf dem gleichnamigen Album veröffentlichte Song ist die meist verkaufte Single in der Solokarriere von John Lennon. "Imagine" traf den Nerv der Zeit und gilt bis heute als Hymne für eine religionsfreie, friedliche Utopie einer Welt ohne Gewalt. Und was der Song mit Karl Marx und den Gedanken des Kommunistischen Manifests zu tun hat, erklärt Prof. Udo Dahmen, Künstlerischer Leiter der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim.

SWR | seit 2013 | immer samstags
Moderation: Prof. Udo Dahmen
Eine Produktion von SWR2, Südwestrundfunk

Rock & Pop

Moderne Pop-Perlen, Newcomer und echte Rockklassiker. In Konzerten, Podcasts und Dokus.

Weitere Inhalte in der ARD Mediathek und der ARD Audiothek entdecken.