Erklär mir Pop: EXTRA mit MINE und Udo

Podcast

Erklär mir Pop: EXTRA

Die Berliner Sängerin MINE und Udo Dahmen, Professor der Popakademie in Mannheim, bringen abwechselnd Lieblingshits mit. Zwei Generationen mit unterschiedlichem Musikgeschmack: aber einer Leidenschaft für Popmusik. Unterhaltsam wie informativ zugleich.

The Beatles mit "Being for the Benefit of Mr. Kite"

Ein altes Zirkusplakat war es, das John Lennon zu "Being for the Benefit of Mr. Kite" inspirierte. Der Song steht für die musikalische Kreativität und Experimentierfreudigkeit der Beatles, die für diesen Titel Dampf- und Jahrmarktsorgeln eingesetzt haben.

So viele unterschiedliche Soundelemente in einen Song zu packen, das war neu und 1967 auch produktionstechnisch eine Herausforderung. Inhaltlich ist "Being fort the Benefit of Mr. Kite" nicht der stärkste Beatles-Titel, aber der Sound ist magisch. Erschienen ist der Titel auf dem Album "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band”. Das Album gilt als eines der ersten Konzeptalben der Popmusik und als Meilenstein des Genres.

Amy Winehouse mit "Stronger than me"

Politisch völlig unkorrekt und sehr provokant kommt im Oktober 2003 die Debütsingle der damals gerade erst 20-jährigen Amy Winehouse daher. "Stronger than me" zielt gekonnt unter die Gürtellinie männlichen Selbstbewusstseins. Ein Text, mit dem die britische Popmusikerin ihren Frust über ihren "Ladyboy" ziemlich drastisch zum Ausdruck bringt.

Im Musikvideo zum Song lässt sie ihren angetrunkenen Freund am Ende auf dem Bürgersteig liegen. Mit ihrer Debütsingle sorgte Amy Winehouse mit ihrer Donnerstimme und ihrem "Blue-Eyed Retro-Soul" für Aufsehen in der Musikbranche, auch wenn der internationale Durchbruch erst drei Jahre später mit dem Album "Back to Black" erfolgen sollte.

Heute in "Erklär mir Pop Extra": Amy Winehouse mit "Stronger than me". "Stronger than me" - die Debütsingle von Amy Winehouse. Ihre Karriere war kurz, ihr Leben heftig. Zunehmende Drogen- und Alkoholprobleme bekam die mehrfache Grammy-Gewinnerin nicht in den Griff. Sie war eine Ikone der Popszene - mit Bienenkorbfrisur und fettem Lidstrich gab sie sich den Look der 60er Jahre, ihren Retro-Soul mischte sie mit Jazz und Hip-Hop zu einem einzigartigen Sound. Amy Winehouse - ein Ausnahmetalent und eine grandiose Stimme.

Die US-Soldaten-Band The Monks und "Complication": Wegbereiter des Punk

Verzerrte Gitarrensounds und herausgeschriene Texte von einer Band, die sich die Mönche nennt – das galt in den 1960er-Jahren als reine Provokation. Nicht nur wegen des eigenwilligen Musikstils, sondern auch wegen des Auftretens von "The Monks": kurze Haare, schwarze Kleidung, Tonsur und anstatt einer Krawatte einen Strick um den Hals. Gegründet wurde die Band von US-Soldaten, die nach ihrem Wehrdienst in Deutschland blieben. Und obwohl die Band nur wenige Jahre bestand, hat sie den deutschen Musikmarkt aufgemischt und neue Maßstäbe in der Popkultur gesetzt. Für viele Musiker und Fans gelten "The Monks" als Wegbereiter des Punk.

Grandmaster Flash & The Furios Five mit "The Message"

Angeblich war es eine Idee der Plattenfirma, die gesagt hat: "Hey, erzählt doch mal was aus eurem Leben, vom Ghetto!" Joseph Saddler alias DJ Grandmaster Flash soll die Nummer zuerst nicht besonders gemocht haben. Zuviel Sozialkritik. Zu wenig Party. Die Plattenfirma veröffentlichte "The Message" trotzdem. Eine zukunftsweisende Entscheidung, denn die von Rapper Melle Mel geschriebenen Verse machten HipHop erstmals zum Sprachrohr wütender Kids. Diejenigen, denen das System ansonsten kaum Chancen bietet, haben nur noch das gerappte Wort als Waffe.

Die Single "The Message" gilt für viele als wichtigste und einflussreichste Single des HipHops. Ein Erfolg, der auch auf einer damals noch ganz neuen Technik beruht, dem DJing, bei dem verschiedene Musiktitel und Sounds neu zusammengemixt werden. "Punch Phrasing", das abrupte Abspielen eines Songs auf einem Plattenteller, während eine andere Platte weiterläuft, und "Break Spinning", das abwechselnde Vor- und Zurückbewegen beider Platten, um dieselbe Stelle immer wieder laufen zu lassen - das sind Errungenschaften, die die Musikwelt DJ Grandmaster Flash zu verdanken hat.

Regina Spektor mit "Fidelity"

1980 in Moskau geboren, die Mutter Musiklehrerin, der Vater Fotograf. Als Kind wandert Regina Spektor mit ihrer jüdischen Familie aus und landet in der Bronx von New York. Später studiert die Singer-Songwriterin klassische Musik, wird eine Virtuosin am Klavier und Teil der New Yorker Underground- und Pop-Kultur. Folk, Jazz, Rock'n'Roll: Die "Matrjoschka aus der Bronx" hat alles drauf, mal nerdig, mal herzlich, mal dramatisch. Und immer ist da Regina Spektors ausdrucksstarke Stimme, die sich über ihr geliebtes Klavier erhebt. So wie im Song "Fidelity", 2006 auf dem Album "Begin to Hope" veröffentlicht und heute unser Thema in "Erklär mir Pop extra".

The Verve mit "Bittersweet Symphony"

Schöner kann die Eintönigkeit des Lebens nicht klingen, die Richard Ashcroft in "Bittersweet Symphony" besingt. Streichereinsatz, musikalische Dramaturgie und ein extrem gut gemachtes Video. "Bittersweet Symphony" ist die Hymne des Britpop mit dem "The Verve" 1997 durch die Decke gehen. Ein Song mit hohem Wiedererkennungswert, das dachten sich auch die Rolling Stones, von deren Orchesterversion "The Last Time" sich "The Verve" inspiriert fühlten. Was folgt, ist einer der ersten gerichtlichen Urheberrechtsstreits in der Musikgeschichte. Die Rechte am Song und damit auch alle Einnahmen gingen für mehr als 20 Jahre an die Stones. Erst 2019 bekam Richard Ashcroft, Sänger und Komponist von "Bittersweet Symphony", die Rechte zurück.

Madonna mit "The Power of Good-Bye”

Madonna, die Queen of Pop. Immer im Wandel, neuer Look, neuer Sound. Die ehemalige Klosterschülerin interessierte sich schon als Kind für Musik und Tanz, zog nach New York und fand schnell Kontakt zur Künstlerszene. 1984 erscheint der Titel "Like a Virgin", auf dem gleichnamigen Album und machte Madonna zu dem Superstar, der sie bis heute ist. Die inzwischen über 60jährige hat immer selbst bestimmt, wer sie war und wie sie in der Öffentlichkeit gesehen werden wollte. Damit definierte Madonna weibliche Popmusik neu: Nicht als Produkt eines Managers, nicht als austauschbares Objekt für ein Publikum. Auch als Songschreiberin inspiriert Madonna, wie im Text zu "The Power of Good-Bye", 1998 auf dem Album "Ray of Light" erschienen.

Rihanna mit "Umbrella"

Es ist einer dieser Songs, den jeder kennt und der die 19-jährige Rihanna 2007 endgültig zum Weltstar machte. In "Umbrella" geht es um den Regenschirm als Symbol für gegenseitige Unterstützung. Und auch um die Freundschaft zwischen Rihanna und Jay-Z, der sie entdeckt und aufgebaut hat. Sein Rap-Part zu Beginn des Liedes ist das Intro zu einem der erfolgreichsten Pop-Songs der letzten Jahrzehnte. Erstaunlich ist, dass "Umbrella" ursprünglich für Britney Spears geschrieben wurde, die den Titel allerdings ablehnte.

Afrika Bambaataa mit "Planet Rock"

Seine Beats kennt jeder, oft ohne es zu wissen. In den 1970er Jahren ist Afrika Bambaataa einer der treibenden Protagonisten, rund um die Entstehung der HipHop-Kultur in der New Yorker Bronx. Samplen heißt das Verfahren, das der DJ etabliert und stetig weiterentwickelt hat. Beim Sampling werden musikalische Schnipsel bereits bekannter Musik- oder Tonaufnahmen zu einem neuen Stück zusammengesetzt, oft mithilfe spezieller Computerprogramme. In "Planet Rock", 1982 veröffentlicht, finden sich viele Beispiele großartiger Samples, u.a. von "Kraftwerk".

"Hide and Seek" von Imogen Heap

Selten war ein A-cappella-Song so erfolgreich wie "Hide and Seek" von Imogen Heap, der 2005 veröffentlicht wurde. Ein Zufallsprodukt, entstanden in einer Studio-Nachtschicht, in der die britische Musikerin ursprünglich anderes geplant hatte.

"Don't give up" von Peter Gabriel mit Kate Bush

Bei diesem Song stimmt einfach alles: Text, Musik und ganz viel Gefühl. "Don't give up" singt Peter Gabriel im Duett mit Kate Bush. Im Lied wird der "Thatcherismus" in den 1980er Jahren in Großbritannien kritisiert. Peter Gabriel singt aus der Sicht eines Arbeitslosen, der kurz davor ist sich aufzugeben. Kate Bush spricht ihm Mut zu. Ein Lied wie eine Kurzgeschichte, veröffentlicht auf dem Album "SO", das erfolgreichste Soloalbum des britischen Popmusikers Peter Gabriel. 1986 erschienen, 6,8 Millionen Mal verkauft. Nicht zuletzt wegen des anrührenden Duetts mit Kate Bush. Peter Gabriel ist aktuell wieder auf Tour, auch in Deutschland.

"Work It" von Missy Elliott

Die Emanzipierung des Raps hat einen Namen: Missy Elliott. Ende der Neunzigerjahre krempelte sie das Hip-Hop-Genre nachhaltig um. Sie rappt über Sex, gegen Bodyshaming und für mehr weibliches Selbstbewusstsein, lange bevor es Influencerinnen und Instagram gibt. Besonders erfolgreich ist das 2002 veröffentlichte Album "Under Construction", mit Titeln wie "Get Ur Freak On" und "Work It". Letzterer verweist angeblich auf den Alltag von Sexarbeiterinnen. Während des Refrains wird der Text kurzzeitig rückwärts gespielt, ein musikalischer Effekt, den Missy Elliott danach öfter verwendet.

"Boogie Nights" von der Band Heatwave

"Boogie Nights" war einer der großen Erfolgshit der Band Heatwave - erschienen 1976 auf ihrem Debutalbum "Too Hot To Handle", 1977 als Single. Ganz untypisch für Funk- und Soulproduktionen dieser Zeit ist das vom britischen Keyboarder Rod Temperton geschriebene jazzige Harfenintro, gespielt von der Harfenistin Sheila Bromberg unter dem Pseudonym Carla Skanger. Außergewöhnlich auch die Internationalität der Band, die verschiedene Umbesetzungen erlebte und bis 1997 erfolgreich war.

"Keep On Movin" von Soul II Soul

Der Song aus dem Jahr 1989 gilt als Zeichen für die Etablierung der karibischen Szene in der Diaspora, mit Schwerpunkt London. Das Kollektiv Soul II Soul gründete sich als sogenanntes Sound System, d.h. als Gruppe von DJs , Sängerinnen und Instrumentalistinnen um den Gründer Jazzie B. Mit Keep on Movin gelang der Formation der internationale Durchbruch.

"Zomby Woof" von Frank Zappa

"Bärtig, derb, dreckig, absolut obszön. Eine Art Mephisto, der uns an das Vermögen der Musik erinnert, Chaos und Zerstörung heraufzubeschwören": schreibt das amerikanische Time Magazine 1969 und meint damit Frank Zappa. Ein Künstler, der zwischen Genie und Wahnsinn rangiert und dessen Einfluss auf die Musikszene gewaltig ist. Der typische Frank Zappa Stilmix heute in Erklär-mir-Pop-extra: Frank Zappa mit "Zomby Woof". Ob der Musiker darin über sich selbst singt? Fakt ist, im Backgroundchor singt Tina Turner den markanten Refrain, musste sich aber anschließend: auf Wunsch ihres damaligen Mannes Ike Turner - davon distanzieren. Warum?

"MAKE UP" von "Der Ringer"

Chatten kann auch romantisch sein. In ihren Texten beschäftigt sich die Hamburger Indie-Band "Der Ringer" mit Themen wie Identitätssuche und Digitalisierung. Philosophisch, melancholisch und immer ein bisschen düster. Musikalisch ordnen "Der Ringer" sich selbst dem "Softpunk" zu. Auf dem Album "XP" erscheint Anfang des Jahres der Titel "MAKE UP". Zitat: "Ein neues ich, das mir gut steht / Ich will wachsen, Schicht um Schicht / Bis nichts mehr von mir übrig ist." Welche Idee steckt hinter diesem Text?

"Yoo doo right" von Can

Es war ein Experiment, echter Krautrock, der bis heute Maßstäbe setzt: "Yoo doo right" von der Kölner Avantgarde-Rockband Can, aus dem Jahr 1969. Entstanden während einer Jam-Session in einem Schloss bei Köln. Ursprünglich sechs Stunden lang, wurde der improvisierte, mantraartige Titel auf zwanzig Minuten komprimiert. Diese und viele andere Geschichten rund um herausragende Songs der Popmusikgeschichte gibt es in dem Podcast "Erklär mir Pop extra - mit MINE und Udo". Die Berliner Sängerin MINE und Udo Dahmen, Professor der Popakademie in Mannheim, bringen abwechselnd Lieblingshits mit und stellen sie, angereichert mit persönlichen Geschichten, vor.

"Hang with me" von Robyn

Pop aus Schweden, das hat Tradition: ABBA, Ace of Base und Robyn. Die Musikerin überzeugt durch hymnische Arrangements und hochemotionale Texte. Wussten Sie, dass Robyn ihren ersten Plattenvertrag schon mit 16 Jahren unterschrieben hat?

"Heroes" von David Bowie

Zwei Liebende, die im Schatten der Berliner Mauer zusammenkommen. David Bowie, der ein paar Jahre im damals noch geteilten Berlin lebt, fühlt sich inspiriert von dieser besonderen Situation. 1977 erscheint mit "Heroes" einer der wenigen, international bekannt gewordenen Popsongs über die Berliner Mauer. In Deutschland wurde der Song durch den Film "Christiane F. - wir Kinder vom Bahnhof Zoo" bekannt. Der Rolling Stone und das Time Magazin zählen "Heroes" zu den besten Songs aller Zeiten. Als David Bowie 2016 starb, stieg er erneut hoch in die Charts ein.

Credits

SWR | seit 2022 | jeden letzten Samstag im Monat
Moderation: Prof. Udo Dahmen, MINE
Eine Produktion von SWR2, Südwestrundfunk

Logo SWR (Bild: SWR)
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