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Fragen an den Autor

„Fragen an den Autor“

Was will uns der Autor damit sagen?

Was treibt die klügsten Köpfe unserer Zeit an? Welche Ideen stecken in den wichtigsten neuen Sachbüchern - und was bedeuten sie für unseren Alltag? In unserem Podcast sprechen wir jeden Sonntag mit Autor:innen über ihre Recherchen, ihre Motivation und über das, was zwischen den Zeilen steht. Ob Psychologie, Politik, Ernährung, Biologie, Geschichte oder Gesundheit: Wir gehen mit unseren Gästen eine Stunde lang in die Tiefe.

Trotz Hass und Ablehnung für das Gute kämpfen – Thomas Mann als politischer Aktivist

Das Wiedererstarken des rechten Autoritarismus und viele weitere der gesellschaftlichen Probleme, die uns heute begegnen- wer den “politischen Thomas Mann” liest, spürt, wie aktuell seine Gedanken sind. Das meint der Mann-Kenner Prof. Dr. Kai Sina in seinem neuen Buch. Er zeigt uns den großen Autor als politischen Aktivisten und Kämpfer. „In unsere Hände ist er gelegt,“ rief er etwa 1922 den Gegnern des demokratischen Staates zu, „in die jedes Einzelnen“. Mann wird nicht nur einer der entschiedensten öffentlichen Fürsprecher der Demokratie, sondern auch einer der Warner vor dem Nationalsozialismus, sagt Kai Sina. Mit allen Mitteln seiner Sprache führt er "das deutsche Wort in aller Freiheit", wie er später einmal schreibt. Er benennt klar, wo seine Feinde stehen, später konfrontiert er die Deutschen mit den Nazi-Verbrechen. “Das nehmen ihm nach 45 viele sehr übel”, erzählt Sina: “Tatsächlich kann die Art und Weise, wie der politische Thomas Mann dachte und handelte, immer noch in hohem Maße inspirieren: sein Mut, öffentlich für seine Ansichten zu streiten, ohne dabei das Risiko der Fehlbarkeit zu scheuen; seine Fähigkeit, sich trotz innerer Distanz und Ambivalenz kraftvoll für das moralisch Richtige einzusetzen. Thomas Mann hat auch dies aufs Eindrucksvollste verkörpert: ein politisches Denken und Handeln als Lebensform”

Verzockte Umwelt? Wasser, Boden, Rohstoffe - wer macht mit unseren Ressourcen Profite?

Wasser, Boden, Rohstoffe sind Allgemeingüter. Die gehören uns allen. Unsere Lebensgrundlage. Aber manche machen damit die großen Profite. Einige verdienen sich gar dumm und dämlich. Sagt unser heutiger Gast, der Wirtschafts- und Investigativjournalist Uwe Ritzer. Er sieht da eine große Ungerechtigkeit und Schieflage. Die ist umso folgenreicher, je stärker uns die Folgen des Klimawandels treffen. Starkregen und Überschwemmung auf der einen Seite - Dürre und Hitze auf der anderen. Er schreibt zum Beispiel über den Bereich Wasser: “Während der Einzelne zum Sparen animiert wird, lässt die Politik die großen Schlucker, die drei Viertel des Wassers in Deutschland verbrauchen, ungeschoren: Industrie, Energieversorger, Mineralwasserhersteller und Landwirte”. Wir erfahren im Podcast aber auch, welche großen Spieler davon profitieren, dass das Allgemeingut Boden bei uns immer knapper wird und inwiefern unser Energie-Wende-Hunger nach bestimmten knappen Rohstoffen prächtige Gewinne für einige mächtige so genannte Rohstoffhändler in der Schweiz bedeutet. Welche Auswege gibt es? Und was hat die Debatte über die Ausbeutung von Allgemeingütern mit dem Klimawandel zu tun? Das sind zentrale Fragen des spannenden Gesprächs.

Überwältigende Erfahrungen in der Wüste - unterwegs mit Reiseschriftsteller Wolfgang Büscher

Ein Foto im Netz. Es zeigt ein Haus, schwarze Steine, in der algerischen Wüste. Ein Zimmer. Ein Rückzugsort? Damit beginnt Wolfgang Büschers Reise durch die Sahara. Er sagt: Dieses Bild und der Klang der Wüstennamen Ahaggar, Ajjer, Atakor, Assekrem lösten in ihm den Wunsch aus, diesen einen bestimmten Ort zu sehen. Im Podcast nimmt er uns mit in die Wüste, wir treffen mit ihm auf wunderschöne wie unwirtliche Landschaften, auf “Nomaden, Goldräuber, Glückssucher” – und, so erzählt es Büscher, auch auf den französischen Eremiten Charles de Foucauld und seine Lebensgeschichte. Er, der Bauherr des kleinen Häuschens, hat sich Anfang des letzten Jahrhunderts in die Wüste zurückgezogen, um allein zu leben in dieser “unendlichen Landschaft aus gelben Bergen”.

Ist die Revolution weiblich? Shila Behjat über mutige Frauen

Es sind oft die Frauen, die die großen gesellschaftlichen “Wandlungsprozesse” vorantreiben - das meint die Journalistin Shila Behjat. In ihrem Buch porträtiert sie die mutigen Menschen, die Anführerinnen der Bewegungen “vom Iran bis Belarus, von Friday for Future bis zu den großen Diskriminierungsdebatten”. Was sind die Besonderheiten weiblichen Protests? Wie werden Menschen auch unter widrigsten Umständen zu Protagonistinnen der Geschichte? Stehen wir am Anfang eines “weiblichen Zeitalters”? Wie sieht das neue Frauenbild aus? Was zeichnet einen "Feminismus der Stärke” und weibliche Solidarität aus, die keine Ländergrenzen kennt?

Oliver Hilmes über den Sommer 45, Ende und Anfang

Sommer 1945, im Mai endete der Zweite Weltkrieg, eine Zäsur, “nichts ist mehr, wie es war”, meint der Historiker Oliver Hilmes in seinem neuen Buch. Im Podcast sprechen wir mit ihm darüber, wie die Menschen diese Zeit erlebten und wie diese Zeit möglicherweise unser Land bis heute prägt. Es geht um Sieger, Besiegte, Opfer und Täter. Im Geschichtspanorama, das er in seinem Buch entfaltet, lernen wir zum Beispiel eine Berliner Hausfrau kennen, die um das Leben ihres Sohnes bangt, wir sehen die Welt aus der Perspektive des US-Soldaten Klaus Mann, der Nazi-Verbrecher aufspürt und erfahren, dass Billy Wilder in Berlin eine Komödie über das Leben in den Ruinen plant. Oliver Hilmes spricht von einer “Zeit der Extreme“, dem großen Glück und der Hoffnung der Befreiten, dem Elend und der Trauer, von den Ängsten der Besiegten und der neue Freiheit.

Matthias Glaubrecht über das stille Sterben der Natur

Der Evolutionsbiologe und Wissenschaftshistoriker Matthias Glaubrecht meint: Das weltumspannende Artensterben dürfen und können wir nicht ignorieren - denn wenn immer mehr Tiere und Pflanzen aus unserer Umwelt verschwinden, dann wird das unser Leben verändern - oder sogar unsere Lebensgrundlage gefährden. Der Autor meint zum Beispiel, dass unsere intensive Landwirtschaft zu einer Verarmung der Landschaft führt, auch weil durch Vorgaben aus der EU die großen Betriebe belohnt werden. Was können wir künftig für mehr Artenvielfalt tun? Fokussieren wir heute tatsächlich, wie der Autor kritisiert, zu stark auf den Klimawandel und müssten eher anderen Bereichen noch mehr Aufmerksamkeit schenken? Welche Rolle spielt der klassische Naturschutz und die Wissenschaftspolitik? Wie können Naturschutzgebiete konsequent für funktionierende Lebensgemeinschaften geschützt werden? Wie kann Forschung dabei helfen, Biodiversität voranzutreiben?

Nicole Strüber über soziales Miteinander und das Gehirn

“Wir müssen sozialem Miteinander wieder mehr Raum geben, damit wir körperlich und psychisch gesund bleiben”, sagt die Neurobiologin Dr. Nicole Strüber. Im Podcast geht sie der Frage nach, ob dieses “soziale Miteinander” auch in unserem Gehirn verankert ist und was sich daraus für das Zusammenleben in der Gesellschaft ableiten lässt. Nicole Strüber zeigt zum Beispiel, welche Rolle das Hormon Oxytocin spielt, das bei körperlicher Nähe und Berührungen ausgeschüttet wird: Das ist nicht nur wichtig für die Mutter-Kind-Bindung, sondern auch für “prosoziales Verhalten”. Allerdings wäre die Welt wohl keine friedvollere, wenn wir täglich die Extra-Dosis Oxytocin nehmen würden: Denn was Zusammenhalt schafft, begünstigt auch Abgrenzung von “den Anderen” - und damit Konflikte. Inwiefern können wir aus den Erkenntnissen über “unser soziales Gehirn” Impulse für unseren Alltag, für Gesellschaft und Politik ableiten? Für das Miteinander in den Schulen, auf der Arbeit, in der Familie - in der Partnerschaft? Was hat das Phänomen der “Synchronisierung der Hirnaktivität” damit zu tun? Was gewinnen wir gerade in diesen Zeiten, in denen Menschen unter Einsamkeit leiden, wenn wir mehr Wert auf das Miteinander legen?

Kai Michel zur Frage, ob Krieg zur Natur des Menschen gehört

Es sind Wochen und Monate, in denen wir uns hier in Europa wieder stark mit der Frage beschäftigen, ob wir uns im Fall der Fälle auch gut verteidigen könnten. Manche sagen: Endlich passiert das, andere sind nachdenklich und fragen sich, wozu das Aufrüsten führt. Vielleicht lohnt ein Blick in die Menschheitsgeschichte. Der Historiker Kai Michel und seine Kollegen beleuchten im Buch die Frage, ob das Führen von Kriegen zur Natur des Menschen gehört und was eigentlich die evolutionären Wurzeln der Gewalt sind. Dabei spielen Biologie, etwa aktuelle Forschung über Bonobos und Schimpansen, aber auch Geschichte und Archäologie eine Rolle. Inwiefern kam mit der Zivilisation der Krieg in das Leben der Menschen? Wann entdeckten Despoten ihn als Herrschaftsinstrument? Welche Rolle spielte Gewalt bei “Jägern und Sammlern”? Eine Botschaft des Buches: “Wir sind nicht zum Krieg verdammt, fallen ihm jedoch, wenn wir nicht aufpassen, nur allzu leicht zum Opfer”.

Magadalena Sorger über die geheimen Herrscherinnen der Welt - Ameisen

Das einzelne Individuum ist klein, schwach und verletzlich. Aber im Kollektiv können sie eine Supermacht sein - ein Beispiel für Schwarmintelligenz, die dem erstaunlich organisierten und koordinierten Leben der faszinierenden Wesen zugrunde liegt. Insektenforscherin und Ameisenexpertin Magdalena Sorger sagt: “Ob Königin oder Arbeiterin, Ameisen sind die Dienerinnen unserer Natur: Ohne die Schwarmintelligenz der kleinen Insekten, die vor allem über Gerüche kommunizieren und in hochkomplex organisierten Kolonien leben, würden ganze Ökosysteme zusammenbrechen”. Im Buch lernt man: Mindestens zwanzig Billiarden Ameisen leben laut neuesten wissenschaftlichen Schätzungen auf unserem Planeten – auf jeden Menschen kommen also rund zwei Millionen Ameisen. Was macht die Tiere zu den Überlebenskünstlern unseres Planeten? Was haben sie mit uns gemein? Inwiefern bewirtschaften sie Land, können komplexe Behausungen bauen und sogar Nutztiere halten? Wieviele Arten gibt es heute? Wodurch sind sie bedroht?

Mit Sebastian Conrad auf Nofretetes Spuren

“Für die US-Sängerin Beyoncé ist die Herrscherin vom Nil eine Black-Power-Frau, für viele Berliner gehört die Büste wie eine Nachbarin zur Stadt, während Ägypten die Deutungsmacht über Nofretete zurückfordert” - so hat vor Kurzem der SWR treffend das ungebrochene Interesse an der sagenhaften Königin treffend beschrieben. In seinem Buch “Die Königin. Nofretetes globale Karriere” setzt sich der Historiker Sebastian Conrad damit auseinander, wer Nofretete war: Sie lebte zur Zeit der Kulturrevolution unter Pharao Echnaton ca. 1300 vor Christus auf dem Gebiet des heutigen Ägypten als ihrem Mann gleichgestellte Herrscherin - aber sie lebt heute gewissermaßen weiter. Was ist der Grund dafür, dass die weltberühmte Büste der Nofretete heute an ganz unterschiedlichen Orten als Paradebeispiel für weibliche Schönheit verstanden wird? Und wie kommt es, dass Nofretetes Zauber mehr als drei Jahrtausende unbeschadet überstanden hat? Unter welch dubiosen Umständen ist sie im Zeitalter des Kolonialismus nach Berlin gelangt?

Credits

SR | seit 2017 | immer sonntags
Host: Kai Schmieding, Jochen Marmit
Redaktion: Kai Schmieding
Verantwortlich: Johannes Kloth
Eine Produktion des Saarlädischen Rundfunk.
Bild: SR

Logo SR (Bild: SR)
Eine Frau liegt lesend auf dem Sofa.

Themenwelt Literatur

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