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Urban Pop – Der Musiktalk mit Peter Urban

Podcast

Urban Pop – Der Musiktalk mit Peter Urban

Gute Gespräche über gute Musik: Peter Urban war auf mehr als 5.000 Konzerten und ist ein absoluter Insider, der auf unvergleichliche Art Musik erklärt, einordnet und Geschichten erzählt. Bis heute trifft er die Großen des Musikgeschäfts. In "Urban Pop" spricht er mit Kulturredakteur Ocke Bandixen über Weltstars von Bowie bis Springsteen und über persönliche Begegnungen mit Udo Lindenberg, legendäre Konzerte und Meilensteine der Musik-Historie.

Steve Winwood (1): Spencer Davis Group/Blind Faith

Der Junge aus Birmingham konnte den Begriff „Wunderkind“ nicht leiden. Aber was der sehr junge Steve Winwood an der Gitarre, an der Orgel oder beim Gesang zeigte, legte diese Bezeichnung einfach nahe. In der Band seines älteren Bruders zeigte er schon als Teenager, wie alter Soul und Blues klangen. In der Spencer Davis Group steuerte er gleich noch als Autor die Hits bei. Klar, dass das Talent des Steve Winwood nach weiteren musikalischen Abenteuern verlangte. Mit Traffic fand er Mitstreiter, die ebenso experimentieren und die Musik sprechen lassen wollten: Grenzen zu Jazz, R 'n' B, lateinamerikanischen Klängen, Weltmusik und Elektronik waren offen. Beim Zwischenspiel in der sogenannten „Supergroup“ Blind Faith kreuzte er für ein Album und viele Live-Auftritte seine Fähigkeiten mit denen etwa von Eric Clapton und Ginger Baker. Steve Winwood aber, der lieber ein Musiker als ein Star war, fand sich danach erneut mit Traffic zusammen. Sein musikalischer Weg war noch lange nicht zu Ende.

Lou Reed/John Cale (2)

Andy Warhol starb 1987. Bei einer Trauerfeier begegneten sich die früheren Freunde John Cale und Lou Reed das erste Mal seit den 70er Jahren wieder. Sie beschließen, gemeinsam ein Erinnerungsalbum für ihren verstorbenen Mentor Warhol aufzunehmen. „Songs for Drella“ enthält sparsam instrumentierte Erzählungen von seiner Arbeit, von Traumfantasien und auch von persönlichen Begegnungen mit dem Künstler. Eine kurzfristige Zusammenarbeit der beiden als „The Velvet Underground“ gemeinsam mit Mo Tucker und Sterling Morrison hält nicht lange. Die Wege trennen sich wieder: Lou Reed liefert in den folgenden Jahren mehrfach Musik für Theaterwerke von Robert Wilson. Lou Reed stirbt schließlich 2013. John Cale komponiert weiterhin Soundtracks wie ebenso Rock- und Popmusik, und veröffentlicht diese, hoch anerkannt und verehrt, als Meister vieler Klassen. Bis heute führt er sie scheinbar unermüdlich auch live auf.

Lou Reed/John Cale (1)

John Cale und Lou Reed suchten in den 70er Jahren stets neue Formen für ihre Musik. Cale produzierte neben Nicos Alben auch „Horses“ von Patti Smith und das Debütalbum der Stooges. Sein Album „Paris 1919“ stach heraus und ließ sein musikalisches Wissen und Können aufscheinen. Lou Reed lieferte mit „Berlin“ eine durchgehende Erzählung in Liedern, mit „Metal Machine Music“ ein verstörendes Noise- und Industrial-Werk, das sein Publikum eher verschreckte. Danach wechselte er wieder ins leichtere Fach und hatte mit „Coney Island Baby“ Erfolg. Cale etablierte sich mit raffinierten, leicht zugänglichen Balladen Mitte der 1970er Jahre auch als Solo-Popmusiker, ohne jedoch seine Lust an zeitgenössischer klassischer Musik zu vergessen. Lou Reed kehrte mit den Alben „Blue Mask“ oder „New York“ zu seinen typischen Songreportagen zurück, in denen er erneut distanziert Szenen und Originale der Straße musikalisch einfing.

The Velvet Underground (2)

The Velvet Underground lieferten mit ihrem zweiten Album einen noch düsteren Einblick in den New Yorker Underground und die dazugehörigen Rockwelten. Lou Reed blieb der Kopf der Band, Nico und John Cale gingen eigene Wege. Danach zerfloss die Idee der Band zunehmend, nur noch einzelne Lieder der weiteren Alben hatten weiter die Sprengkraft der ersten, die Band wurde schließlich aufgelöst. Auch eine Reunion in den frühen Neunzigern hinterließ bei den Akteuren und Fans einen Kater. John Cale half Nico, sich als eigenständige Künstlerin zu etablieren, Cale selbst experimentierte mit Stilen und Ideen. Lou Reed dagegen schuf 1972 sein Meisterwerk „Transformer“ und den Welthit „Walk on the wild side“.

The Velvet Underground (1)

Diese Band lieferte das Gegenteil von Flower Power und Hippie-Seligkeit: The Velvet Underground, 1965 in New York gegründet von Lou Reed und John Cale. Düster, laut, gegen die Erwartungen von Wohlklang und Harmonie. The Velvet Underground vertonten den Alltag von Junkies und Prostituierten, von Gosse und Gewalt. Andy Warhol konnte ihren Klang gut gebrauchen für seine Vernissagen und Film-Happenings, das berühmte Album mit der Banane drauf war das Ergebnis. Er hatte ihnen die deutsche Sängerin Nico dazugestellt, das Ergebnis sind bis heute anziehende, gefährliche Lieder. Kommerziell nicht erfolgreich, zog das Album zuerst in Europa weite Kreise.

Sade (2)

Sade schaffte es, auch nach längeren Pausen die Spannung zu halten: wie wird ihre neue Musik klingen? Die prägende 80er-Jahre-Instrumentierung änderte sich behutsam, Sade sang noch genauso leidenschaftlich und warm von Liebe und Verlust, von Beobachtungen und schweren Schicksalen. Jedem der selten veröffentlichten Alben folgte eine umjubelte Welttournee, dennoch suchten sich ihre Mitmusiker schon Nebenprojekte, um nicht immer nur zu warten. Nach langer Pause erschien 2010 das Album "Soldier Of Love", wieder hochgelobt und von ihren Fans gefeiert. Erst 2024 sollte noch ein einzelnes Lied "Young Lion" erscheinen. Sade wahrt stets ihr Geheimnis und ihre künstlerische Integrität, auch deshalb bleibt ihre Musik ein Ereignis.

Sade (1)

Die Stimme, der Sound, der Look: die Popmusik war ab Mitte der 80er-Jahre um eine Farbe reicher – Sade. Die britische Sängerin Sade Adu bezauberte die Welt mit ihrer Mischung aus Pop und Soul, gemischt mit Anklängen an südamerikanische Musik und Jazz. "Smooth Operator" wurde zu einem Welthit, auch ihr erstes Album "Diamond Life" wurde zum ersten Höhepunkt ihrer Karriere. Sades Ausstrahlung trug zu ihrem internationalen Erfolg maßgeblich bei. Das ehemalige Model, deren Vater aus Nigeria stammte, wusste sich zu inszenieren. 1985 zeigte sie beim "Live Aid"- Konzert einem Weltpublikum, dass sie mit den internationalen Superstars mithalten konnte. Auch die folgenden Alben überzeugten, das feste Team ihrer Band entwickelte den Sound stetig weiter. Durch längere Pausen in ihrer Karriere entzog sich Sade jedoch immer wieder den Erwartungen des Publikums und der Popwelt.

Jimmy Page/Robert Plant (2)

Page und Plant – das Doppelpaar von Led Zeppelin – liefert 1998 noch einmal neue gemeinsame Musik auf dem Album "Walking into Clarksdale". Danach trennen sich die Wege der beiden aber wieder. Robert Plant sucht sich neue musikalische Partner. Er überzeugt mit Abenteuerlust und Freude am Austausch, Bandprojekte wechseln sich ab. Er sucht jedoch nicht mehr unbedingt die großen Arenen. Jimmy Page taucht über die Jahre als gefeierter Gastmusiker auf, er zeigt sich verantwortlich für das Erbe von Led Zeppelin. Mit der amerikanischen Bluegrass-Sängerin Alison Krauss nimmt Plant das Album "Raising Sand" auf, das 2007 erscheint. Darauf präsentieren die beiden eine faszinierende Mischung aus Folk, Country, Blues und Rock. "Raising Sand" wird ein Überraschungserfolg und gewinnt neben anderen Preisen 2009 sogar einen Grammy Award. 2021 setzen die beiden ihre Zusammenarbeit fort, das Ergebnis überzeugt erneut.

Jimmy Page/Robert Plant (1)

Nach dem Ende von Led Zeppelin geht Robert Plant viele andere Wege. Schon in den 80er Jahren veröffentlicht er sowohl Alben mit Klassikern, neu interpretiert mit Freunden, als auch neue Lieder auf einer Reihe von Alben. Die Klänge sind leichter, poppiger. 1993 erreicht mit „Fate of Nation“ sein Schaffen einen Höhepunkt, erstmals geht er auch wieder auf Tournee. Jimmy Page versucht, mit The Firm, einer neu formierten Band um ihn und den Sänger Paul Rodgers, mit dem Powerrock der 80er Jahre mitzuhalten. Nach zwei Alben ist aber damit Schluss. In den 90er Jahren arbeiten Page und Plant überraschend wieder zusammen. Angestiftet von dem Erfolg der „unplugged“-Welle nehmen sie ein opulentes Album (No Quarter, 1994) mit Led Zeppelin-Klassikern und zwei Orchestern auf, einem westlichen und einem östlichen. Eine Welttournee schließt sich an. Die Hoffnung der Fans erfüllt sich offenbar: die beide kündigen anschließend neues Material an.

Led Zeppelin (2)

Led Zeppelin waren nach ihren vier ersten Alben zum Maßstab der Rockmusik geworden. Gewaltig war ihre musikalische Kraft, scheinbar unerschöpflich ihre Quellen. Auch ihr Album "Houses of the Holy" im Jahr 1973 wurde ein weltweiter Riesenerfolg. Ein Unfall, private Schicksalsschläge, die Drogensucht einzelner Bandmitglieder lenkten die Konzentration von Led Zeppelin auf andere Gebiete, ein Konzertfilm wollte ebenfalls nicht gelingen. Schließlich starb der Schlagzeuger John Bonham – das Ende der Band 1980. Das Gefüge war zerbrochen, einzelne Konzerte in den Jahrzehnten danach pflegten den Mythos Led Zeppelin und zeigten, durch die weltweite Aufmerksamkeit, die höchste Wertschätzung für diese Band.

Led Zeppelin (1)

Led Zeppelin berauschte die Musikwelt ab Ende der 60er-Jahre. Alles an ihr schien größer, intensiver, kraftvoller zu sein, als das bis dahin The Who, die Rolling Stones oder Cream geliefert hatten.

Das Quartett der britischen Band Led Zeppelin setzte sich zusammen aus dem virtuosen Gitarristen Jimmy Page, dem Bassisten John Paul Jones, beide schon erfahren als Studiomusiker, dazu kamen der überragend dynamische Schlagzeuger John Bonham und der stimmgewaltige Sänger Robert Plant, auch prägend durch sein Charisma auf der Bühne.

In nur wenigen Jahren fegten Led Zeppelin mit dynamischem, innovativem Blues-Rock über die Bühnen Europas und der USA, trotz ihres erkennbaren Sounds nie ausrechenbar durch Anleihen im Folk, der Klassik oder etwa bei marokkanischen oder indischen Klängen.

Urban Pop: Leonard Cohen (2)

Leonard Cohen entzieht sich der Welt immer wieder im Laufe seines Lebens, auch seinen Fans und der Musikwelt. Es scheint, als bedeute ihm der Ruhm wenig. Die Sinnsuche treibt ihn anscheinend an. In den 80er Jahren erscheinen nur alle paar Jahre Alben, nur wenige Lieder sind darauf. Cohen arbeitet jahrelang an den Zeilen. Zwischendurch zieht er sich über lange Zeit in ein Zen-Kloster bei Los Angeles zurück. Er wird sogar zum Mönch geweiht, beteuert, die Struktur des einfachen Lebens gebe ihm Halt. Die Alben verkaufen sich schlecht, aber die Bewunderung aus der Musikwelt, auch aus jüngeren Generationen, steigt.

Mehrere Tribute-Alben erscheinen, sein Lied "Hallelujah" wird durch Aufnahmen anderer bekannt. Cohen meldet sich mit "Take this Waltz" und "First we take Manhattan" zurück. Seine Ersparnisse gehen durch eine Managerin verloren.

So ist Leonard Cohen mit 70 Jahren gezwungen, wieder produktiver zu sein. Jahrelang geht er auf Konzertreisen um die Welt, mehrere Alben erscheinen: Am eindrucksvollsten "You want it darker", drei Wochen vor seinem Tod veröffentlicht. Cohen singt vom Bereitsein, die Erde zu verlassen. In letzten Interviews relativiert er jedoch: Er habe vor, für immer zu leben.

Urban Pop: Leonard Cohen (1)

Leonard Cohen – der singende Dichter, der Sucher nach Schönheit und Wahrheit, der melancholische Sänger. Die Kindheit in Montreal in einer religiösen jüdischen Familie formt ihn, die Lyrik der 50er-Jahre begeistert den jungen Leonard. Er zieht durch die Welt, nach Europa mit diesem Traum, lebt eine Zeitlang auf Hydra unter anderen Künstlern und Aussteigern.

1967, da ist Leonard Cohen Anfang 30, werden erste Lieder von ihm bekannt. Lieder über verlassene Liebschaften, Schmerz und einsame Nächte – das kommt bestens an. Cohen wird bekannt, gerade seine Texte ragen heraus aus in der Musikwelt. Sein persönliches Leben aber gerät immer wieder ins Wanken: Er verlässt seine Freundin Marianne, die er so unsterblich in "So long, Marianne" besungen hat, wird Vater, flüchtet erneut. Cohen reist nach Israel und singt für die Frontsoldaten, er versinkt in Drogenexperimenten und Depressionen. Sein Publikum steht weiter zu ihm, auch in den 70er -Jahren, wo nur alle paar Jahre ein neues Album erscheint. Wenn ich wüsste, woher die guten Songs kommen, würde ich da gern öfter hingehen, räsoniert Cohen.

Seine Suche nach den richtigen Worten ist noch lange nicht zu Ende.

Urban Pop: Depeche Mode (2)

Depeche Mode entwickelte sich bis Mitte der 90er zur erfolgreichsten Band dieses Genres. Regelmäßig veröffentlichte die Band neue Alben. "Violator" aus dem Jahr 1990 stellte einen Höhepunkt dar, "Enjoy the silence" und "Personal Jesus" sind inzwischen Klassiker der Popmusik. Persönliche Krisen, Drogenmissbrauch und Zerwürfnisse innerhalb der Band schwächten die Gruppe; Alan Wilder verließ sie schließlich. Als Trio hielt Depeche Mode sein Niveau, entwickelte den für die Band typischen metallischen Synthieklang mit Rockelementen weiter.

Ausgedehnte Welttourneen feierten die Musik und die besondere Verbundenheit zwischen Band und ihrem Publikum. Auch nach Corona und dem überraschenden Tod des Gründungsmitglieds Andrew Fletcher hielt dies an. Sänger Dave Gahan und Komponist Martin Gore sind nach wie vor – trotz Soloprojekten – sicht- und hörbar Depeche Mode.

Urban Pop: Depeche Mode (I)

Depeche Mode hat geschafft, was nur wenigen Bands gelingt. Zum einen, über viele Jahre maßgeblich und Taktgeber in ihrem Genre des düsteren Elektropop zu bleiben, sich gleichzeitig über 40 Jahre weiterzuentwickeln und ihre Fans weltweit immer noch zu begeistern. Man denke nur an Hits wie "People are people", "Master and Servant", "Strange Love", "Personal Jesus", "Never let me down"...

Depeche Mode war zu Beginn eine weitere bunte Synthiepop-Band in England, geprägt vom Gründungsmitglied Vince Clark, der aber nach dem ersten Album ausstieg. Depeche Mode entwickelte dann aber einen ganz eigenen Klang und eine Tiefe im Ausdruck, die überraschten. Die Lieder von Martin Gore, die Stimme von Dave Gahan, die Präsentation der vier Bandmitglieder in düsteren Bildern, die zu den Liedern über Sünde und Erlösung passten. Zahlreiche Hits und wachsende Zuschauerzahlen zeugten von ihrem bald weltweiten Erfolg.

Alle älteren Folgen von "Urban Pop – Der Musiktalk mit Peter Urban" sind hier in der Audiothek zu finden.

Credits

NDR | seit 2021 | wöchentlich
Hosts: Peter Urban, Ocke Bandixen
Eine Produktion von NDR Info für den NDR, Norddeutscher Rundfunk

Logo NDR (Bild: NDR)
Mumford & Sons-Konzert: Sänger Marcus Mumford auf dem Haldern Pop Festival 2010

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