Podcast

Grenzgänger: Die Geschichte des Berlin-Sounds

Dieser Podcast erzählt die waghalsige und einzigartige Geschichte eines Musiknerds, der vor über 40 Jahren zufällig in Berlin strandet und dort zu einer Ikone der Musikszene wird. Mark Reeder und seine vielen Wegbegleiter:innen haben maßgeblich den Sound Berlins und den Ruf als "Stadt der Subkulturen" mitgeprägt. Eine Stadt- und Lebensgeschichte aus vier Jahrzehnten, atmosphärisch erzählt mit bislang ungehörten Stimmen und dem passenden Soundtrack.

Der Schmuggler

Während eine kleine, kreative Underground-Szene in Westberlin eine einzige große Party feiert, ist Mark Reeder sich sicher, dass es so etwas auch auf der anderen Seite der Mauer geben muss. Regelmäßig besucht er Ost-Berlin und sucht nach Punk und Subkultur. „Is’ alles verboten“ schreckt ihn nicht ab. Er knüpft Kontakte zu Jugendlichen, schmuggelt Kassetten mit überspielter Musik über die Grenze und ist sich damals schon sicher: Die Stasi hat überall ihre Augen und Ohren. Auslöser für das alles ist die Begegnung mit einem jungen Punk in einer Ostberliner U-Bahn – von dem Mark 40 Jahre dachte, er würde ihn nie wiedersehen.

Punk macht krank

Sommer 1981: Mark Reeder soll ein Konzert im SO36 in Kreuzberg spielen. Er hat aber noch nicht mal eine Band und der Gig ist in wenigen Tagen. Kurz vor dem Auftritt bringt er seinem Kumpel Alistair ein paar Bassgriffe bei, die letzten Songs schreiben sie in einer verrauchten Kneipe, Minuten vor dem Auftritt. Der Club ist damals dafür berüchtigt, dass Bands vom Publikum mit Bierdosen beworfen werden – die Show droht, in einer Katastrophe zu enden. Es geht rau zu im SO36, doch an keinem anderen Ort der Stadt wäre so eine Aktion möglich gewesen. Der Konzertclub unter Leitung eines türkischen Sozialarbeiters wird die wichtigste Bühne für eine Szene, die Anfang der 80er ihrem Höhepunkt zusteuert. Als letzter großer Liveclub aus dieser Zeit hat das SO bis heute am alten Standort in Kreuzberg überlebt.

Monogam

Die legendären Geschichten des Westberliner Undergrounds werden oft genug als Heldengeschichten von Männern erzählt. Dabei war es eine Gruppe kompromissloser Frauen, ohne die diese berühmt-berüchtigte Szene so nicht existiert hätte: Künstlerinnen wie Gudrun Gut, die Ende der 70er aus der Provinz in die Stadt zieht und mit weiteren Frauen gleich mehrere Bands gründet, deren Sound über damals bekannte Grenzen geht. Oder Labelgründerin Elisabeth Recker, die hier zum ersten Mal in einem Interview zu hören ist. Gudrun, Elisabeth und Mark laufen sich Anfang der 80er über den Weg – in einem Szeneplattenladen im Hinterzimmer eines Schöneberger Schuhgeschäfts.

B-Seite 1: Musikstadt Manchester

Das ist die erste B-Seite von Grenzgänger – Die Geschichte des Berlin-Sounds. B-Seiten sind Bonusfolgen, die den Hauptpfad der Geschichte verlassen und ausführlicher auf ein bestimmtes Thema eingehen. Interviews und längere Gespräche, die mehr Kontext geben und sonst oft nur in Ausschnitten Platz in den Hauptfolgen finden.

In dieser B-Seite geht es um die Musikszene von Manchester ab Mitte der 1970er-Jahre. Ein kurzer Spaziergang mit dem DJ Dave Haslam durch die Wiege von Punk, Post-Punk und Rave – durch eine Stadt mit einer langen und besonderen Musikgeschichte.

Komakino

Nur wenige Monate nach Marks Ankunft in Berlin meldet sich ein alter Bekannter aus Manchester und bittet ihn, die junge englische Band Joy Division in der Stadt bekannt zu machen. Mark glaubt fest an diesen neuen, dunklen Sound, scheitert aber fast beim Versuch, eine Show in der Stadt zu organisieren – denn in Deutschland interessiert sich zu diesem Zeitpunkt so gut wie niemand für Joy Division. Das Konzert Anfang 1980 soll das erste und gleichzeitig das letzte der Band in Berlin werden. Was danach passiert, markiert einen traurigen Wendepunkt, nicht nur in Mark Reeders Leben - denn diese Band ist nicht irgendwer, es sind seine Freunde.

No Future

Der Trip nach Berlin ist für Mark Reeder auch eine Art Flucht: Weg aus dem Arbeiterviertel, weg vom deprimierenden England, in dem Anfang der 1970er die Arbeitslosigkeit hoch ist und die Gesellschaft erdrückend konservativ. Langeweile ist das Gefühl der Stunde und bricht sich Bahn in einer völlig neuen Musikrichtung: Die neuen englischen Punkbands treffen den Nerv der frustrierten Arbeiterkids. Mark jobbt nach der Schule in einem Plattenladen in der Innenstadt von Manchester und nimmt den Geist von Punk im Koffer mit nach Berlin. Genauso wie seine guten Kontakte in die englische Musikszene, denn seine Freunde Bernard Sumner und Ian Curtis gründen mit Joy Division eine Band, die Geschichte schreiben wird.

Per Anhalter

Herbst 1978: der junge Engländer Mark Reeder landet per Anhalter nachts in Westberlin. Reeder hat keine Kontakte, keinen Schlafplatz, spricht so gut wie kein Deutsch. Und will eigentlich nur ein paar Tage bleiben. Zu diesem Zeitpunkt weiß er noch nicht, welche Rolle er in den nächsten Jahren für Berlins Musikunderground spielen wird – auf beiden Seiten der Mauer. Mark Reeder bewegt sich als Grenzgänger regelmäßig zwischen den Welten der damals geteilten Stadt und landet dadurch schnell im Visier der Stasi. Wer ist dieser Typ, der bei einigen der wichtigsten Berliner Musikmomente seine Finger im Spiel hatte und auch heute als Musiker und Produzent immer noch weiter macht?

rbb | 2023 | 18 Folgen
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